Gegen 1265 änderte sich die Gerichtsbarkeit in der Heidener Grafschaft. Bis dahin wurde das Grafengericht von Menso I. von Heiden als Dinggraf (thinggravius) unmittelbar vor der Stadt Borken das Grafengericht. Nach Änderung der Bezeichnung in Freigericht änderte sich gegen 1300 die Leitung des Gerichts. Zunächst vom Inhaber der Grafschaft geleitet, erhielt ab 1363 ein von den Herren ernannter Stellvertreter die Leitung der Gerichtsverhandlungen, der berechtigt war, den Titel Freigraf zu führen, obwohl diese Vertreter im Allgemeinen nicht dem Adel angehörten.

Zu Zeiten des Grafengerichtes war die Gerichtsbarkeit in Hoch- und Niedergericht geteilt.

Hochgericht
Schwere strafbare Handlungen wurden unter dem Hochgericht unter Mitwirkung freier Bauern, die als Schöffen und Henker mitwirkten, abgehandelt. Aufgrund dieser Tatsache sprach man in diesem Fall von einem Freigericht, ähnlich unseres heutigen Schöffen- oder Geschworenengerichtes. Es umfasste alle Stände ohne Ausnahme, wobei jeder Bewohner einer Herdstelle noch um 1490 mindestens dreimal jährlich zur Verhandlung vor den Freigerichten erscheinen musste.

Niedergericht
Das Niedergericht war zuständig für leichtere Straffälle, beschränkt auf Verfolgung und Festnahme von Verbrechern. Der Niederrichter, später auch Gograf genannt, obowhl er nicht dem Adel angehörte, nach dem "Go" genannten Gerichtsbezirk, in dem er unter Einbezug aller Bewohner seines Bezirkes ohne Standesunterschied polizeilich tätig war, hatte den Status eines Beamten und führte die Verhandlungen. Anfangs wurde er vom Volk gewählt, später vom Landesherrn. Um Frieden und Oberhoheit sicherzustellen, erweiterte der Bischof von Münster die Mitwirkung des Niederrichters bzw. des Gografen bei der Festnahme todeswürdiger Verbrecher. Dies führte dann eines Tages schließlich dazu, dass das Gogericht auch Todesurteile fällte, für die früher die hohen Grafen oder die Freigerichte zuständig waren.

Veme
Veme bedeutete ursprünglich soviel wie Vereinigung oder Genossenschaft, entspricht aber auch dem griechischen Wort poina (Strafe). Da die Straf- und Blutgerichtsbarkeit seit etwa 1400 im Vordergrund stand, wurde die Bezeichnung Vemegericht (Strafgericht) üblich.

Seit Ausgang des 14. Jahrhunderts traten die öffentlichen (openbaren) Freigerichtsverhandlungen, zu denen alle Eingesessenen des Freigerichtsbezirkes dreimal jährlich erscheinen mussten, zugunsten der "stillen" oder heimlichen Gerichte zurück, von denen alle Nichtschöffen ausgeschlossen waren. Diese stillen oder heimlichen Gerichte gewannen zusehends an Macht und Bedeutung. Borken, das um 1226 mit der Erwerbung der Stadtrechte aus der Grafschaft Heiden herausgelöst wurde und ein eigenes Gericht erhielt, erstrebte auch den Machtzuwachs der benachbarten Freigerichte. Schon 1314 wurde von Fürstbischof Ludwig die sachliche Zuständigkeit des Borkeners Gericht erweitert, indem er gestattete, dass jeder, der in der Stadt festgenommen wurde, auch dort verurteilt wurde oder eine ausreichende Haftstrafe zu zahlen hatte.

1352 bzw. 1360 wurde das öffentliche Freigericht innerhalb der Stadt durch Bischof Ludwig und Kaiser Karl IV. in ein heimliches Gericht verwandelt. Die Freibauern, aufgrund der Schaffung der Urteile "Freischöffen" genannt wurden, wurden erstmalig 1265 in dem Freigericht Mensos von Heiden "vimmenoti" oder Genossen der Veme genannt.